Karl Schmalbach - Volkstheater am Niederrhein :

“1982 gründete ich zusammen mit einigen anderen Theater- und Mundartbegeisterten in Meerbusch,
Retortenstadt aus den alten Gemeinden Lank-Latum, Büderich und Osterath, das Lotumer Buretheater.
Schon bald mussten wir feststellen, dass das Vorhaben echtes rheinisches Volkstheater zu spielen kaum
möglich war, es gab keine Stücke.
Ich hatte schriftstellerische Erfahrungen und, nach der Übersetzung eines Uraltstückes für die erste Spielzeit
1982 “Der Vetter aus Dallas” folgte bereits 1983 der erste Eigenversuch mit “Forelle Blau”.
Die darauf folgenden Stücke “Tante Trina” 1984, “Es jet Opa?” 1985  und “König Koebes I.” 1987
wurden bereits Publikumsrenner die auch von vielen anderen Bühnen übernommen wurden.
Die beiden letztgenannten wurden sogar vom WDR in der, inzwischen leider eingestellten Reihe Land und Leute,
in Aufnahmen bei der Kölner Kumede, im Hörfunk gesendet.

1989 konnte der bekannte Theaterverlag Karl Mahnke, der ca. 1500 niederdeutsche Stücke im Angebot hat,
für die Aufnahme der "Lotumer" Stücke gewonnen werden. Seitdem wird hier die Reihe RM = Rheinische
Mundartstücke angeboten, die bis jetzt 30 Stücke umfasst, 13 davon von mir, und ständig erweitert wird.

Erfreulich aus meiner Sicht und auch der rheinischen Mundartförderer :
Im Zuge der Theaterbegeisterung mit rheinischen Stücken gründeten sich in den folgenden Jahren
neue Mundartbühnen, die dann, z. B. mit “König Koebes I.” auch auf Anhieb großen Erfolg hatten.
So, nach dem Lotumer Buretheater 1982, in Glehn 1987,
in Neuss 1989, in Holzheim 1995, in Zons 1999.
Diese Theateraufführungen finden überall begeisterten Zuspruch und erbringen auch hohe Einnahmen,
die in den meisten Spielorten für heimatkundliche Zwecke verwendet werden.

Lotumer Buretheater  das ist echtes rheinisches Volkstheater! Humorvoll, pointiert, aber ohne Klamauk.
Dabei ist die lokale Mundart dramaturgisch in das übliche Sprachgemisch
unserer heutigen  Multi-Kulti-Gesellschaft eingebettet, sie bildet sozusagen den ruhenden Pol !”

LOTUMER BURETHEATER
im Rheinland und darüber hinaus !

Hier überall wurden bereits
Stücke aus Meerbusch
uraufgeführt vom
LOTUMER BURETHEATER
von heimischen Mundartbühnen
einstudiert und aufgefürt :

Burg auf Fehmarn,
Selm-Bork in Westfalen,
Stadtlohn,
Ascheberg,
Isselburg,
Kleve,
Kranenburg-Mehr,
Rheinberg,
Aldekerk,
Kervenheim,
Viersen,
Willich, Heerdt,
Düsseldorf,
Holzheim,
Glehn, Gangelt,
Bergheim,
Mettmann-Hubbelrath,
Bergisch Gladbach,
Pulheim, Köln,
Heimbach, Kall,
Herzogenrath,
Kaifenheim-Mosel,
St. Vith-Belgien,
Dormagen-Zons,
Neusser Furth,
Lindenberg,
Korschenbroich,
Bergheim.

von Karl Schmalbach umgeschriebene Stücke:
*   Max Carus “Der Vetter aus Amerika”,
*2 Frank Grupe “Dör an Dör nanner”,
*3 Uvo Wilhelm “Die Schatzkist”,
*4 Konrad Hansen,
*5 Christof Wehking “ Eene Deern van de Sraat”,
*6 Jens Exler,
*7 Claus Woberg “Filou blivt Filou”,
*8 J.P. Asmussen “Dat Verlegenheitskind”,
*9 Wilfried Wroost “Ein Mann mit Charakter”

von Peter Pütz umgeschriebene Stücke:
*10 Hans Schimmel “Aber aber Herr Pfarrer”
*11 Bernd Gombold
*12 Winnie Abel
*13 Carl Laufs/Wilhelm Jacoby

Autor

Bisherige Aufführungen des LOTUMER BURETHEATERs

Spielzeit

Besucher

Stück

Aufführungen

 

 

 

 

1982

1400

DER VETTER AUS DALLAS *

5

1983

1700

FORELLE BLAU

6

1984

2600

TANTE TRINA

9

1985

2600

OPA HÖRT NIX

9

1986

2600

MUTTER WERDEN IST NICHT SCHWER

9

1987

4500

KÖNIG KOEBES I.

12

1988

2000

KÖNIG KOEBES I.

6

1989

4000

JRANG MARRIAGE

12

1990

4000

TANTE TRINA

12

1991

4900

DIE AHL SCHRUV

14

1992

5200

DÖR AN DÖR MÖT DÖRES *2

15

1993

6200

ALS OV NIX JEWÄSS WÜR

20

1994

2700

NIXNOTZIA

11

1994/95

4400

DÄ KAWENZMANN

17

1995/96

7500

DÄ FIESE MÖPP

24

1996

6000

DÄ RHINBARON *3

20

1997

5500

HOPPE HOPPE REITER

18

1998

6100

TANTE LISKE LOT DAT SIN

20

1999

6200

ES JET OPA

20

2000

7000

DE LETZTE PLÖCK

21

2001

6800

KÖNIG KOEBES I.

20

2002

6600

ON DA AM HELLIJE OVEND

19

2003

6300

DIE ERBEN VON KLOSTER MEER

20

2004

6300

DÄ KERMES-CLOU *4

20

2005

5700

BLAUE BLÖMKES

17

2006

5700

BUR BLIVT BUR *5

17

2007

5700

BOVE WOHNE ENGEL *6

17

2008

5700

BUR SÖCKT FRAU *7

17

2009

5900

BUR MET VORKENK *8

18

2010

6000

TANTE TRINA

20

2011

6000

DÖR AN DÖR MÖT DÖRES *2

20

2012

6000

NE ECHTE KÄHL! *9

20

2013

6000

TANTE LISKE LOT DAT SIN

20

2014

5400

DÄ KERMES-CLOU *4

18

2015

5400

DÄ FIESE MÖPP

18

2016

4800

DÄ KAWENZMANN

16

2017

4800

OSERE NÖJE PASTUR *10

16

2018

4800

ÄCH, DU FRÖHLICHE! *11

16

2019

4500

ENTREKOHT ON FREKADELLE *12

15

2022

2700

PENSION SCHÖLLER *13

15

Autor

Was Sie schon immer über das Rheinische Volkstheater wissen wollten (sollten).

Wir über uns und was wir anders machen als andere und warum wir damit Erfolg haben.

“oder der von Karl Schmalbach 2013 verfasste Letzte Wille betreff die Rheinische Mundart”:

“Im vergangenen Jahr gingen in Köln, Düsseldorf und auch hier am Niederrhein Meldungen durch die Presse,
wie „Die rheinische Mundart stirbt aus !”, was sich besonders im Besucherschwund bei den Mundartbühnen
bemerkbar mache.

Da wir, das Lotumer Buretheater von diesem Rückgang ziemlich unberührt geblieben sind, fragen wir uns - und
Sie, liebe Besucher, natürlich auch, was wir denn anders machen als die solchermaßen betroffenen Bühnen hier
im Rheinland. Und da stellen wir fest, daß manche dieser Bühnen ihre Besucher offenbar überfordern, weil sie
ihnen des Guten zu viel zumuten; will heißen, in ihren Stücken wird wohl zu viel Platt gesprochen.

Die Bewahrer des alten Platt glauben wohl, damit zur Erhaltung der alten, eigenen Sprache beizutragen - das
Gegenteil aber wird hiermit bewirkt! Volkstheater muss in der landläufigen Umgangssprache aufgeführt werden,
wobei es im Ermessen des Autors liegt, wie viel heimisches Platt er seinem heutigen Publikum zumuten kann.
Dabei ergeben sich durch die Gegenüberstellung von lokalem Platt und Hochdeutsch Pointen, die sonst nirgendwo
möglich sind; aber auch mit sprachlichen Pannen, die dem Plattsprecher unterlaufen, wenn er plötzlich
Hochdeutsch sprechen muss. Gerade daraus ergibt sich eine ganz spezielle Komik, die nur lokal möglich ist.
Diese Komik wirkt zwar auf den auswärtigen Besucher solch lokaler Aufführungen manchmal peinlich, ist aber
sehr publikumswirksam.

Das alles ist hier im Rheinland eigentlich gar nichts Neues. Die besten rheinischen Komödien, die auch als Filme
Riesenerfolg hatten, wie Müller-Schlössers Schneider Wibbel oder Heinrich Spoerls Feuerzangenbowle wurden
schon vor über 100 Jahren verfasst - und zwar in rheinischer Umgangssprache, nicht in Platt!

Die deutsche Filmförderung hat im vergangenen Jahr(2013) 290 Mio. Euro für die Produktion von Filmen
ausgegeben! Diese wurden von 24 Mio. Besuchern gesehen. Aber: 70% dieser geförderten Filme locken weniger
als je 10.000 Besucher ins Kino (WELT a. S., 26. 5. 2013)! Zum Vergleich: Die Kölner Kumede, die auch schon vier
Stücke von mir spielte, hat jeweils über 12.000 Besucher und wir, das LOTUMER BURETHEATER immerhin
etwa 6.500! Das alles ohne jegliche Förderung - im Gegenteil: Wir erzielen Überschüsse, die wir für
caritative und kulturelle Zwecke in unserer Stadt spenden – bisher über 250.000 Euro.

In Köln protestiert man schon seit langem gegen den WDR, weil er Mundart-Sendungen inzwischen völlig aus dem
Programm gestrichen hat - allerdings schon vor 20 Jahren - und so kommen diese Proteste z. Zt. reichlich spät.
Damals wurden auch mehrere Stücke von mir vom WDR bei der KUMEDE aufgenommen und im Hörfunk gesendet,
nämlich „Opa höt nixl” und „König Koebes I." Zwei weitere Stücke, „Tante Trina” und „On dat am hellije Ovendl”
wurden zwar gespielt, fanden aber keine Gnade mehr bei den Programm-Machern, vor allem, da der rührige
Redakteur dieser Mundartreihe, Ernst Mömkes, inzwischen pensioniert war.

Auch ein heimatkundliches Hörspiel über Pastor Jakobs und den historischen Glockenguß zu Lank l780,
verflochten mit der Geschichte des Findelkindes von Ossum, wurde von Ernst Mömkes in Auftrag gegeben,
aber von seinen Nachfolgern nicht produziert. Offenbar ist man beim WDR der Meinung, dass das Kölsch der
Karnevalsgruppen, an dem Funk und Fernsehen nun einmal nicht vorbei kommen, reichen müßte.
Dagegen läuft man jetzt in Köln Sturm, vor allem der Heimatverein Alt Köln mit seinem rührigen
Vorsitzenden Prof. Dr. Jürgen Bennack.

Als die Stadt Krefeld vor einem Jahr ankündigte, daß für die kulturelle Nutzung diverser städtischer
Einrichtungen demnächst Mieten fällig würden, lamentierten einige Nutzer bereits, dass unter diesen
Umständen ihr Theaterbetrieb nicht mehr möglich sei.

Das Lotumer Buretheater zahlt seit Jahren für seine Vorstellungen im Forum Wasserturm Miete - und zwar
3000 Euro jährlich! Ausserdem wurden durch uns Einrichtungen finanziert (Vordach am Bühneneingang,
Abschlußvorhang im Zuschauerraum), die auch von anderen Künstlern genutzt werden.

In Düsseldorf tut man sich schon immer schwer mit den kreativen Geistern dieser Stadt, besonders mit Heinrich
Heine. Jüngstes Beispiel: In der Schneider-Wibbel-lnszenierung des Schauspielhauses vor drei Jahren verlegte
man die Zeit der Handlung von der Franzosenzeit 1805-12 in die um 1920. Damit hatte nun Heine überhaupt
nichts zu tun. Dabei hat Hanns Müller-Schlösser, der Wibbel-Autor, das ganze Milieu und sogar einige Personen,
auch den Wibbel, aus Heines Memoiren abgeleitet.

Tja _ . . auch Müller-Schlösser hatte schon zu Lebzeiten seine Probleme mit den Düsseldorfern und darum hat
er seine letzten Theateraktivitäten nicht in seiner Vaterstadt, sondern in Neuss umgesetzt. Übrigens hat
Müller-Schlösser nicht nur den Wibbel, sein Paradestück, geschrieben, das in 26 Sprachen übersetzt und
weltweit gespielt wurde, sondern noch weitere neun Stücke, wie „D'r Mählbüdel”, „Et Zinnkännche” oder
„Das Loch in der Hecke", die alle noch von einem Hamburger Verlag angeboten werden. Für die Düsseldorfer
Bühnen wären diese Stücke heute Pflichtübungen.

Ich habe 1988-89 insgesamt 152 mal im Schneider Wibbel in der Inszenierung der Komödie mit gespielt,
sowohl in der Steinstraße als auch auf Tournee von Hamburg bis an den Bodensee.

Merkwürdigerweise haben all diese Ereignisse, deren Kenntnis die Voraussetzung für erfolgreiches
rheinisches Volkstheater ist, die hiesige Presse nur selten interessiert. Man berichtet über unsere Premieren,
als ob es einmalige Vorstellungen wären, etwa wie das Gastspiel einer beliebigen Theatergruppe.
Darüber, daß noch weitere 20 ausverkaufte Vorstellungen den Zuspruch des Publikums finden, über den
Hintergrund der Stücke und daß sie hier entstanden sind und daß diese Stücke aus Meerbusch inzwischen
von vielen anderen rheinischen Bühnen gespielt werden, und dass dies für die gesamte Region einmalig
und beispielgebend ist, darüber verliert man keine Zeile.

Für unser Ensemble, das sich alljährlich seinen Beifall mit viel Fleiß und Können verdient, ist diese merkwürdige
Ignoranz frustrierend.”
 

                    Karl Schmalbach - 2013

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